09 Jun Kaapke bei SWR-Aktuell am 08. Juni 2020 zur Galeria Kaufhof-Krise und zum Handel in Corona-Zeiten
Nachdem in den letzten Jahren alle Warenhausketten bis auf den noch bestehenden Konzern Galeria Karstadt-Kaufhof nach und nach geschlossen wurden, fürchten Beschäftigte nun, dass auch dieser vor dem Aus steht. 80 von 174 Warenhäusern sollen schließen, davon 21 Standorte in Baden-Württemberg. In vielen Städten gab es bereits Betriebsversammlungen, auch in Stuttgart.
Auch Kaapke sieht die Zukunft der Warenhäuser kritisch. Der einstige Erlebnisfaktor, der u.a. in prächtig dekorierten Schaufenstern zur Vorweihnachtszeit zum Ausdruck kam, wird heute überdeckt von diversen Nachteilen: Warenhäuser verfügten über enorme Handelsflächen, die bespielt werden müssen, eine „Warenflut ohne Ende“ werde angeboten, so Kaapke. Auch sei in den riesigen Architekturgebäuden die Orientierung für die Kunden oft schwierig. Warenhäuser müssen zudem gegen die Konkurrenz der Shoppingcenter bestehen, die ebenfalls „alles unter einem Dach“ anbieten. Allerdings wird das Konzept hier besser umgesetzt. Die moderne Architektur und die Integration von Gastronomie und Verweilbereichen machen den Einkauf für den Kunden hier attraktiver.
Nicht nur die ohnehin gebeutelten Warenhäuser leiden außerdem nach wie vor unter den Lockdown-Maßnahmen angesichts der Corona-Pandemie. Obwohl Geschäfte mittlerweile wieder geöffnet sind, ist der Kundenansturm ausgeblieben. Viele Händler sehen einen Grund dafür in den Abstands- und Hygieneregeln, die insbesondere Spontankäufe ausbremsen. Nun hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Zutrittsbegrenzung im Einzelhandel für unwirksam erklärt. Viele Händler atmen auf. Dennoch glaubt Kaapke nicht, dass die Menschen dadurch wieder massenweise in die Fußgängerzonen und Geschäfte strömen werden. Zwar würden durch den Wegfall der Zutrittsbegrenzung Barrieren abgebaut, da keine Warteschlangen vor den Geschäften und somit Wartezeiten mehr entstünden und die Kunden im Geschäft nicht mehr durch die draußen Wartenden unter Druck gesetzt würden. Die grundsätzliche Konsumunlust könnte damit aber nicht (gänzlich) aufgehoben werden. Auch nicht durch eine mögliche Aufhebung der Tragepflicht eines Mund-Nasenschutzes. „Wir sind gerade in einer komischen Situation. Die Leute sind schizophren. Sie […] wollen schon sehen, dass das Geschäft Sicherheitsvorkehrungen trifft, […] andererseits möchte man dann aber frei einkaufen können. Das ist ein ganz schwieriger Spagat.“ Wichtig sei, dass das Geschäft den Kunden das Gefühl gebe, dass sie sicher sind, und eine Einkaufsatmosphäre geschaffen werde, die den Mundschutz auch einmal für fünf Minuten vergessen lässt.
Positive Worte findet Kaapke zur Zukunft des stationären Handels angesichts der wachsenden Online-Konkurrenz. „Der stationäre Handel wird immer leben. In welchem Ausmaß werden wir sehen.“ Er verweist auf die Tatsache, dass Konsumenten Anschaffungen während der Schließung der Geschäfte auch bewusst verschoben haben bis diese wieder vor Ort getätigt werden konnten. Kaapke weiter: „Ich bin fest überzeugt, dass die Innenstädte [auch zukünftig] einen stationären Handel haben werden, der den Namen verdient.“
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